2008-03-27

"Rechtlich" - Deutsch-Englisch-Übersetzungsproblem


rechtlich (in einem von Gesetzgebung und Rechtsprechung unabhängigen Sinne)

Ich suche nach einem Adjektiv mit dem gleichen Bedeutungsumfang wie das Nomen "Recht", engl. "right".
Das englische "legal" scheint mir wegen seiner Herkunft (lat. lex, legis; dt. Gesetz) zu stark bezogen zu sein auf von Menschen vereinbarte oder angeordnete Gesetze, als dass es dem Bedeutungsumfang von dt. "rechtlich" voll entspräche. Es gibt Rechte, die ein Mensch unabhängig davon hat, ob sie ihm von einem gesetzgebenden oder einem rechtsprechenden Organ gewährt sind. Ein Blick in die Welt, in die Geschichte oder auf die eigene Lebenserfahrung zeigt hinlänglich, dass die Wahrnehmung von Rechten durchaus illegal sein und legales Handeln gegen Menschenrechte verstoßen kann. Auch dt. "legitim", engl. "legitimate" enthält angesichts dessen einen viel zu deutlichen Bezug zu einer juristisch gegebenen Gesetzlichkeit.
Bei dict.cc finde ich engl. "jusnaturalistic" für dt. "naturrechtlich". Das hilft mir aber auch nicht weiter, zumal "jusnaturalistic" ein seltsames Wortgebilde ist und wohl auch nur von dict.cc-Benutzern verstanden wird.
Der Begriff der (von jeder Legislative und Judikative unabhängigen) Rechtlichkeit, der mir vorschwebt, ist ein genuin ethischer Begriff.
Möglichwerweise hat die Staatsrechtsphilosophie Carl Schmitts zu der im Deutschen stärker als im Englischen ausgeprägten Unterscheidung von "Recht" und "Gesetz" beigetragen. Schmitt verwarf "den naturrechtlichen Gedanken universeller Menschenrechte, die jede Staatsform unabhängig von durch den Staat gesetztem Recht zu beachten hätte" (Wikipedia). Wenn ich es richtig verstehe, ist - nach Schmitt - der Staat mit seiner Verfassung und seinen ihn erhaltenden Gesetzen notwendigerweise auf eine funktionierende Ordnung ausgerichtet und nimmt sich nur unter gewissen Umständen (die sozusagen den staatsrechtlichen Luxus der Rechtsstaatlichkeit erlauben) in die Pflicht ethischer Grundsätze (im Sinne von Menschenrechten).
Ich vermute hinsichtlich der Schwierigkeiten, deutsche Rechtstheorie- und Ethiktexte treffend ins Englische zu übersetzen, eher etwas anderes: Die Geschichte der Deutschen einerseits und der Briten und US-Amerikaner andererseits weist hinsichtlich ihrer Nationwerdung und ihrer nationalen Verfasstheit erhebliche Unterschiede auf. Es nimmt mich nicht wunder (sondern freut mich), dass es unter den sprachprägenden deutschen Intellektuellen des 18. und 19. Jahrhundert solche gab, die Hemmungen hatten, die Idee des Rechts - als etwas, was vernunftgemäß dem Einzelnen zusteht, unabhängig davon, ob es zugestanden wird - als Gegebenes in den real existierenden Staat hineinzuprojizieren.


BTW: realisieren/realize ist auch ein typischer Unterschied zwischen den beiden Sprachen: im deutschen Sinne muss das erst noch verwirklicht werden, was im englischen Sinne als Wirkliches zu erkennen ist...:)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen