2008-02-26

Glauben ist unverschämt


Ich halte Glauben für unverschämt: Der Glaubende will mehr als nur methodische Sorgfalt im Umgang mit Texten. Er will sich nicht damit abfinden, dass die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten auf dem "vielfältigen Wesen" des Textes beruhen. Glauben kommt ins Stolpern, wenn es sich bewusst macht, wie es tickt, und wenn ihm in den Sinn kommt, Wahrheit sei ein jeweiliger Spielstand im Spiel konkurrierender Interpretationen.

Der Glaubende will aus verschiedenen Gründen genau das verstehen, was der Verfasser oder der Veranlasser des Textes wollte, dass er versteht. Sei es aus Strafvermeidungsbedürfnis, sei es aus Liebe zu dem, auf den sich der Glaube richtet: Glaube will nicht der wissenschaftlichen Diskussion anheimstellen oder sonst herumeiernd im Ungewissen lassen, was von dem kommt, der höher ist als alle menschliche Vernunft, was also über ästhetisches, philosophisches und theologisches Vergnügen hinaus Bedeutendes, und zwar Eindeutig-Bedeutendes ist, was folglich nicht irgendwie orakelhaft in den Gedankenraum menschlicher Geistesgeschichte abgeladen worden ist, sondern - in unbegreiflicher Güte - dem Glauben offenbart worden ist. Denn der Glaube schließt aus, sich auf etwas Gleichgültiges oder Irrsinniges zu richten oder auf etwas, was zur Rücksichtnahme auf das begrenzte Verstehensvermögen des Glaubenden nicht imstande oder bereit wäre.

Der Glaube will also, und das macht ihn unverschämt, nicht etwas Plausibles, Naheliegendes, sondern: den offenbarten Text genau so verstehen, wie Gott ihn versteht; er will kongeniales Textverständnis. Wollte der Glauben das nicht, würde er diffus - richtungslos - dämmern - kein Licht sehen.

Ohne seine Unverschämtheit wäre Glaube Kleinglaube oder nichts. Oder rationale Theologie (gegen die ich überhaupt nichts habe).


2008-02-11

Pacifism

The term pacifism was created by the French jurist and writer Émile Arnaud (article: "Code de la Paix", 1901 in a Belgian newspaper; brochure: "Code International Public - Code de la Paix", Congrès universel de la Paix, Ligue Internationale de la Paix et de la Liberté, Berne, 1912, and Institut International de la Paix, Paris, 1913). In his script, Arnaud repudiated daydream, charitable, religious and politological/ideological (namely anarchist, socialist and liberalist) roundabouts on the needs of neighborliness (of people and of peoples). The humanistic idea of pacifism is originally emotional, non-political, basing on the insight that one's self-esteem requires essentially to be mirrored neighbourly, which again requires both to show one's own neighborliness and to open up one's own mind about the others' basic needs. In the case of conflicting interests, the will has to be kept under the moral law (I. Kant), which means that searching for reasoning, nonviolent conflict resolutions is of highest priority. Attributing pacifism as passive is questionable, and the attribute passive needs clarification. For example, blocking sit-downs on the driveways of a military facility, civil disobedience on grounds of conscience, non-consumption of rabble-rousing media - these are actions, and they are not passive at all. Nevertheless, I'll keep on calling these forms of resistance passive resistance just to differentiate them terminologically from life-threatening sabotages, assassinations and riots. Utopie et réalité d’une culture de la paix - that's a very difficult matter, but also a matter of highest importance. And I can't see another way to cultivate it but by pacifism.